Aufbau einer Bilanz: Aktiva und Passiva des Jahresabschlusses verstehen

Aufbau einer Bilanz

Die Bilanz ist ein wesentliches Instrument für die Darstellung von Vermögen und Kapital eines Unternehmens. Der Aufbau einer Bilanz ist im Handelsgesetzbuch geregelt und sorgt dafür, dass Bilanzen verschiedener Unternehmen vergleichbar sind.

Doch was verstehen wir genau unter einer „Bilanz“ und wie sieht der Aufbau einer Bilanz im Detail aus? Dieser Blog-Beitrag erklärt die Bilanz und blickt praxisnah hinter die Kulissen von Aktiva und Passiva des Jahresabschlusses bilanzierender Unternehmen.

Was versteht man unter Bilanz: verständlich erklärt

Eine Bilanz ist – vereinfacht gesagt – nichts anderes als eine Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden eines Unternehmers. Grundlage einer Bilanz ist das Inventar, bei dem alle Vermögensgegenstände und Schuldpositionen erfasst werden. Dies erfolgt über die berühmte (und meist ungeliebte) Inventur.

Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben (§ 240 Absatz 1 HGB)

In der Bilanz werden nun die erfassten Vermögensgegenstände und Schulden in Kontenform (die aus der Schule bekannten und ungeliebten T-Konten) gegenübergestellt. Auf der Aktivseite (Aktiva) wird das Vermögen aufgeführt; unterteil in Anlagevermögen (langfristig) und Umlaufvermögen (kurzfristig).

Auf der Passivseite (Passiva) stehen die Schulden und – wenn sie wertmäßig geringer sind als das Vermögen – das Eigenkapital. Die Differenz zwischen Vermögen und Schulden wird in der Bilanzsprache auch „Reinvermögen“ genannt; die Bezeichnung „Eigenkapital“ hierfür ist aber geläufiger.

Bilanz - Grundstuktur

Man spricht bei den beiden Bilanzseiten auch von Mittelverwendung (Aktiva: wofür wurden die finanziellen Mittel des Unternehmens verwendet) und Mittelherkunft (Passiva: wo hat das Unternehmen die finanziellen Mittel her).


Icon BeispielBeispiel

Der bilanzierende Unternehmer B. Rauchauto kauft für sein Unternehmen ein neues Firmenfahrzeug für 70.000 EUR. Da die Geschäfte nicht so gut gehen, muss er das Fahrzeug über einen Bankkredit in Höhe von 70.000 EUR finanzieren.

In seiner Bilanz steht nach dem Autokauf auf der Passivseite (Schulden) der neue Bankkredit in Höhe von 70.000 EUR (Mittelherkunft) und auf der Aktivseite (Vermögen) der Wert des neuen Fahrzeugs in Höhe von 70.000 EUR (Mittelverwendung).


Bei der Bilanz eines Unternehmens gibt es noch einige Grundsätze, die zwar jedem Buchhalter klar sind, aber an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden. In der reinen Bilanz werden:

  • keine mengenmäßigen Angaben gemacht (alles in Geldwerten)
  • bestimmte einzelne Wirtschaftsgüter und Schulden zusammengefasst (z. B. alle Maschinen in „Maschinen und technische Anlagen“; alle Bankschulden in „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstitute)
  • stets Vermögen (Aktiva) dem Eigenkapital und Schulden (Passiva) gegenübergestellt
  • wertmäßige Gleichheit zwischen beiden Bilanzseiten erreicht, da durch Anwendung der doppelte Buchführung jeder Vorgang auf beiden Seiten gebucht wird.

Aufbau einer Bilanz: Bilanzpositionen

Die Bilanz eines durchschnittlichen Unternehmens hat in der Regel viele Positionen im Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Eigenkapital und in den Schulden. Daher sind diese Posten beim Aufbau einer Bilanz weiter untergliedert. Damit hier nicht jeder macht was er will, setzt das Handelsgesetzbuch (§ 266 HGB) klare Gliederungsvorgaben.


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Aufbau einer Bilanz - Aktiva und Passiva

 

Anlagevermögen

Das Anlagevermögen wird beim Aufbau einer Bilanz in die nachfolgenden Positionen unterteilt:

  • Immaterielle Vermögensgegenstände
  • Sachanlagen
  • Finanzanlagen

Bei den immaterielle Vermögensgegenständen werden vornehmlich selbst geschaffene oder erworbene gewerbliche Schutzrechte, Konzessionen, Lizenzen oder auch (bei Kauf von Unternehmen) ein Geschäfts- oder Firmenwert ausgewiesen.

Unter die Sachanlagen fallen weitaus geläufigere und häufiger vorkommende Wirtschaftsgüter, beispielsweise Grundstücke, technische Anlagen und Maschinen, sonstige Anlagen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung.

In den Finanzanlagen sind langfristige Beteiligungen an anderen Unternehmen, langfristig gehaltene Wertpapiere und andere Ausleihungen (ausgegebene Kredite) beheimatet.

Umlaufvermögen

Im Bereich Umlaufvermögen schreibt das Handelsgesetzbuch folgende Unterteilung vor:

  • Vorräte
  • Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände
  • Wertpapiere
  • Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks

Unter Vorräte fallen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, fertige und fertige Erzeugnisse/Waren oder Leistungen. Zu den Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen zählen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Forderungen gegen verbundene oder beteiligte Unternehmen und sonstige Vermögensgegenstände.

Wertpapiere im Umlaufvermögen kommen eher selten vor, sie sind aber als Position für den Fall der Fälle berücksichtigt. Hierunter würden Wertpapiere fallen, die ohne langfristigen Anlagehorizont (zum Handel oder zur kurzfristigen Spekulation) gekauft wurden.


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Aktive Rechnungsabgrenzungsposten

Die aktive Rechnungsabgrenzung dient dazu, Betriebsausgaben bilanziell in das Geschäftsjahr zu transportieren, in dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind. Wurde beispielsweise im laufenden Geschäftsjahr ein Ausgabe getätigt und als Aufwand gebucht, die dem Folgejahr zuzuordnen ist (z. B. Zahlung einer Versicherungsprämie im Jahr 2024, die das Geschäftsjahr 2025 betrifft), ist diese durch Bildung eines (aktiven) Rechnungsabgrenzungspostens in das Folgejahr zu übertragen.


Antizipative und transitorische RechnungsabgrenzungLesen Sie auch: Antizipative und transitorische Rechnungsabgrenzung: 2 Abgrenzungswege in der Bilanz

Bilanzierende haben zwei Methoden, um Geschäftsvorfälle durch antizipative oder transitorische Rechnungsabgrenzung im wirtschaftlich zugehörigen Geschäftsjahr zu berücksichtigen.

Die Vorfälle können entweder ins laufende Jahr vorweggenommen (antizipative Abgrenzung) oder vom laufenden Geschäftsjahr in Folgejahre übertragen (transitorische Abgrenzung) werden.


Eigenkapital

Das Eigenkapital ist je nach Rechtsform beim Aufbau einer Bilanz in folgende Unterpositionen zu unterteilen:

  • Gezeichnetes Kapital
  • Kapitalrücklage
  • Gewinnrücklagen
  • Gewinnvortrag/Verlustvortrag
  • Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Das Gezeichnete Kapital nimmt die Stammeinlagen auf, beispielsweise die 25.000 EUR Einlage einer GmbH. Hier gibt es in der Praxis auch wenig Veränderungen, nur beispielsweise im Falle einer Kapitalerhöhung. In die Kapitalrücklage werden Kapitalzuflüsse von Gesellschaftern verbucht, die nicht dem gezeichneten Kapital zuzuordnen sind, beispielsweise wenn der Kaufpreis von Anteilen über dem nominellen Nennwert der Anteile liegt.

Gewinnrücklagen fließen nicht von außen zu, sondern stellen vom Unternehmen erwirtschaftete und nicht verwendete Gewinne dar. Hier gibt es gesetzliche (z. B. § 150 Abs. 2 AktG) oder eventuelle gesellschaftsvertragliche Rücklageverpflichtungen (satzungsmäßige Rücklagen).

Gewinnvortrag/Verlustvortrag nehmen Gewinne oder Verlust in die Bilanz auf, die aus dem Vorjahre stammen und nicht verwendet, sondern quasi geparkt wurden. Der Unterposten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag stellt den Gewinn oder Verlust des laufenden Jahres dar, der ausgewiesen wird, bevor die Gesellschafter über die Verwendung des Gewinns (z. B. für eine Ausschüttung) beschlossen haben.

Fremdkapital

Das Fremdkapital (Schulden) ist nach handelsrechtlichen Vorstellungen zu unterteilen in:

  • Rückstellungen
  • Verbindlichkeiten

Die erste Unterposition Rückstellung, stellt Quasi-Verbindlichkeiten dar, nämlich solche, die hinsichtlich Eintritt und Höhe ungewiss sind. Es handelt sich also um erwartete Verbindlichkeiten. Steht einem Unternehmen beispielsweise eine Klage ins Haus, bei der Ausgang und Höhe der Inanspruchnahme wahrscheinlich, aber ungewiss sind, ist hierfür eine Rückstellung zu buchen und sie ist Bestandteil im Aufbau einer Bilanz.

Verbindlichkeiten stellen – im Gegensatz zu den Rückstellungen – sichere Verpflichtungen dar, sowohl hinsichtlich Eintritt und Höhe. In der Unterposition Verbindlichkeiten werden beispielsweise Bankdarlehen, Verbindlichkeiten gegen Lieferanten oder finanzielle Verpflichtungen gegen verbundene oder beteiligte Unternehmen ausgewiesen.

Passive Rechnungsabgrenzungsposten

Auch die passive Rechnungsabgrenzung hat die Aufgabe, Buchungen in das Geschäftsjahr zu transferieren, in das sie wirtschaftlich zuzurechnen sind. Bei den passiven Rechnungsabgrenzungsposten sind im Gegensatz zu aktiven Rechnungsabgrenzung Erträge erfasst – also die Einnahmenseite.

Wurde beispielsweise die Januar-Mieteinnahme für eine vermietete, betriebseigene Lagerhalle bereits im Dezember gezahlt, ist diese in einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen, ins Folgejahr zu übertragen und dann aufzulösen.

Beispiele für Bilanzen in der Praxis

Nachfolgend sind zwei Praxis-Beispiele für Bilanzen echter deutscher Unternehmen zu finden. Die Namen der Unternehmen sind nicht erkennbar, die Daten stammen aus dem öffentlichen Register Bundesanzeiger.

Im ersten Beispiel ist eine Bilanz eines Beratungsunternehmens aus Freiburg für das Geschäftsjahr 2021 zu sehen:

Beispiele für Bilanzen 1

Zu erkennen und auffällig ist auf der Aktivseite, dass die immateriellen Vermögensgegenstände bis zu einem Erinnerungswert von 1 EUR abgeschrieben sind und die Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände mit 900.448,99 EUR sehr hoch sind und fast die gesamte Bilanzsumme ausmachen.


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Auf der Passivseite ist zu sehen, dass das Eigenkapital mit 519.840,43 EUR fast die Hälfte der Bilanzsumme ausmacht und dabei ein satter Gewinnvortrag vorhanden ist. Gut gewirtschaftet!

Im zweiten Beispiel ist die Bilanz eines IT-Unternehmens aus Berlin für das Geschäftsjahr 2021 zu sehen.

Beispiele für Bilanzen 2

Auch hier sind auf der Aktivseite die immateriellen Vermögensgegenstände bis zu einem Erinnerungswert von 1 EUR abgeschrieben. Die Vorräte sind mit 291.953,20 EUR deutlich höher als beim Beratungsunternehmen aus Freiburg. Der Geldbestand (Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks) ist mit 108.074,26 EUR recht hoch (cash is king!).

Auf der Passivseite ist erkennbar, dass die Stammeinlage 25.000 EUR beträgt, aber nicht ganz einbezahlt wurde, da „nicht eingeforderte, ausstehende Einlagen“ mit einem negativen Betrag ausgewiesen werden. Trotzdem ist das Eigenkapital mit 328.576,07 EUR auch recht ordentlich.

Zusammenfassung: Aufbau einer Bilanz

Die Bilanz eines Unternehmens ist ein unverzichtbares Instrument ist, um einen klaren Überblick über dessen finanzielle Lage zu erhalten. Sie bietet eine systematische Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden, die es ermöglicht, die Mittelherkunft (Aktiva) und Mittelverwendung (Passiva) transparent darzustellen.

Durch den strukturierten Aufbau einer Bilanz in Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Eigenkapital und Fremdkapital sowie Rechnungsabgrenzungsposten stellt die Bilanz sicher, dass alle finanziellen Aspekte des Unternehmens nachvollziehbar und standardisiert dargestellt sind.

Dies ist nicht nur für interne Analysen und Entscheidungen wichtig, sondern auch für externe Stakeholder wie Investoren, Gläubiger und Behörden, die auf eine korrekte und transparente Finanzberichterstattung angewiesen sind.

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